Stones: Seite 90

Skandalöse Skandalmüdigkeit

Ein Skandal? Heute? Richtig, es geht um die Bundeswehrphotos. Ohmeingott, wie sind die schockierend! Pietätslos ist sowas sicherlich, aber muß man sich gleich derart darüber aufregen? Wenn ich am Ende der Welt irgendwo menschliche Knochen fände, würde ich sie mir bestimmt auch genau anschauen und das eine oder andere Bild knipsen (mehr nicht). Wenn kümmerts? Aber nein, die zum Thema gefundenen Vokabeln überschlagen sich in ihren Moralisierungsbemühungen: abscheulich, schockierend, abartig, widerlich, abstoßend, usw. Und das eigentliche Ungemach kommt erst noch, es will sich kein wirklicher Skandal entwickeln! Da schwadronieren die Politiker, es hetzt die Presse, doch der internationale Aufschrei bleibt aus.
Jetzt haben wir auch endlich unser eigenes Kriegsverbrechen und keinen interessierts. Die Afghanen fordern Aufklärung, großartig, das hatte die Bundeswehr binnen 24 Stunden erledigt. Das wars. Allein die Amerikaner zeigen sich verwundert, aber die nutzen ja eh jede Möglichkeit, um von ihren Problemen abzulenken. Wo bleibt der Aufschrei der Radikalen? Wo sind die Terrordrohungen? Will denn keiner die Ungläubigen ins Meer, äh, in die Wüste jagen? Wie sollen wir uns denn ohne Anschlagsankündigungen politisch selbstzerfleischen? Das ist ja langweilig. Zum Glück ist morgen Freitag, vielleicht ergibt sich da noch die eine oder andere verbrannte Fahne..

26. Oktober 2006, 18:59 von Andreas Jahn Kommentare

Wiehernder Amtsschimmel

Wir erinnern uns:

- bisher war ich ‘beschäftigungssuchend’

- bisher war ich staatlich alimentiert

- bisher war mit meinem Diplomschnickschnack beschäftigt

- ab 01.11. habe ich einen Job

- ab 01.11. habe ich endlich sowas wie ein Einkommen

Daher ist es nur logisch, sich beim Jobcenter abzumelden und sie nie wider sehen zu wollen. Das habe ich nun auch getan, aber irgendwie habe ich mir den Vorgang einfacher vorgestellt, als er unter realistischen Bedingungen zu bewerkstelligen ist:

Gestern gabs Post vom Amt, in der ich im typischen “Wenn Sie nicht binnen blabla, dann werden wir blabla”-Stil aufgefordert wurde, meine Einkommensverhältnisse offenzulegen, damit über die weiteren Leistungen entschieden werden kann. Mein erste impulsive Reaktion war: ‘die können mich mal
bitte in Ruhe lassen!’. Schließlich will ich doch gar nichts von denen, was geht die das denn jetzt noch an? Weit gefehlt, ein Anruf im zuständigen Call-Center ergab (Sachbearbeiter sind grundsätzlich nicht zu erreichen und nur über Call-Center-vermittelte Vorsprech-Termine zu kontaktieren), daß ich erst eine Einkommensbescheinigung meines neuen Jobs einreichen muß, dessen Betrag dann mit meinen Leistungen verrechnet wird, woraufhin dann entschieden wird, ob ich noch Ansprüche geltend machen kann, die ich dann akzeptieren oder ablehnen könne, so dass ich mich DANN endlich von der Arbeitslosigkeit verabschieden darf. Die Sache hat nur einen kleinen Haken: Die Einkommensbescheinigung gibts erst, wenn ich hier im Museum vorbehaltlos als Mitarbeiter registriert bin, also erst ab Vorlage meines Diplomzeugnisses, welches erst ausgestellt werden kann, wenn die Diplomarbeitsbewertungen eingetrudelt sind und der Prüfungsausschuß getagt hat, wobei die Deadlines für meine Gutachter noch in weiter Ferne liegen..

Toll. Wenn wundert es, wenn die Arbeitslosenzahlen nicht sinken wollen, kein Wirtschaftsaufschwung hält so lange an, daß alle plötzlich Neueingestellten von ihrem Sachbearbeiter so schnell durchgewunken werden könnten, um noch vor der nächsten Rezession ins Arbeitsleben integriert zu werden.

Aber ich will mich nicht aufregen, denn die Angelegenheit hat auch positive Seiten. Schließlich zahlt das Amt erstmal weiter und auch im Museum gibts für akzeptierte Kandidaten des Mitarbeiterstatus’ Abschlagszahlungen. Demnach stört es mich wenig, im Gegenteil, das Amt finanziert damit meine Anlaufphase, auch wenn sie die Kröten später wieder zurückhaben wollen.
Während man sich also Mitte November im Amt schweren Herzens dazu durchringt, mich von meiner Anspruchslosigkeit auf weitere Leistungen in Kenntnis zu setzen, werde ich gerade völlig legal Urlaub machen und den Sonnenschein geniessen. Bildlich gesprochen surfe ich auf der Welle der Entropie, anstatt mich von ihr ersäufen zu lassen, das ist auch mal ein schönes Gefühl.

26. Oktober 2006, 17:34 von Andreas Jahn Kommentare

Round IV - Happy End

Historische und Regionale Geologie war diesmal gefragt, das Ergebnis wieder das Gleiche. Damit bin ich seit heute offiziell diplomierter Geologe. Und weil es so viel zu feiern gibt und mir nichts besseres einfiel habe ich mir für heute Abend einen Merlot geholt.

24. Oktober 2006, 21:27 von Andreas Jahn Kommentare [6]

Vorurteile

Da heißt es immer Männer wären wehleidig. Gar nicht wahr! Ich bin seit über drei Tagen erkältet und schreibe erst jetzt, wie nahe ich mich dem Tod fühle. Hätte ich das nicht viel früher geschrieben, wenn ich wehleidig wäre? Eben! Und darum leide ich jetzt schweigend weiter, ohne EUER MITGEFÜHL erheischen zu wollen. Macht euch keine Sorgen. Das wird schon wieder. Vielleicht. Na man kann nie wissen..

19. Oktober 2006, 00:49 von Andreas Jahn Kommentare [2]

Euphemismus des Tages 18

‘abgehängtes Prekariat’

Kennt ihr nicht? Das ist die Bevölkerungsgruppe, die in der Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung genannt wird und die nun begrifflich als “neue Unterschicht” durch die Medien geistert. Das Prekariat ist dabei der abgründige Teil des Proletariats, dessen Lage zu prekär ist (Niedrigstlohn oder arbeitlos, soziale Überlebensangst als Alltagsphänomen), als dass man ihn noch mit einer gängigen Form der Arbeiterschaft vergleichen könnte.
Herr Kauder lehnt solche Stigmatisierungen übrigens ab, diese Menschen würden lediglich ein Defizit bei der sozialen Integration aufweisen. Vielleicht kann man die ja mit Leistunsgkürzungen zu etwas mehr Engagement und Integrationswilligkeit motivieren.

16. Oktober 2006, 13:13 von Andreas Jahn Kommentare

Frühere Einträge Neuere Einträge

Stones: Seite 90

Skandalöse Skandalmüdigkeit

Wiehernder Amtsschimmel

Round IV - Happy End

Vorurteile

Euphemismus des Tages 18

Links

Kategorien

Meta