Beziehungskisten
Als naiv treudoofer Mensch mit viel Skrupel und einer Prise Stolz ging ich ja bisher davon aus, dass eine Beziehung, wenn man sie mit etwas Anstand über die Bühne bringen will, auch ernstgemeint sein sollte. Wenn man also ein adäquates Weibchen gar nicht so prickelnd findet, dann wärs irgendwie unfair, ihr in Sachen Liebesbezeugungen/Schwüren das Blaue vom Himmel zu versprechen, nur weil der körperliche Südpol mal wieder die Gesamtleitung an sich gerissen hat. Allerdings schien ich damit schon lange ein seltener Idealist auf weiter Flur zu sein und unlängst vernahm ich einen faszinierenden Gegenansatz, den ich logisch gar nicht so leicht entkräften kann: Durch das bedingungslose Ergreifen jeder sich bietenden Chance erlangt man einen Erfahrungsschatz und Gelassenheitsgrad, mit dem man sich im Falle des Zusammentreffens mit der ‘Einzigwahren’ nicht allzu lächerlich macht und die eigene Stellung massiv stärken kann. Und was wäre tragischer, als das Leben lang einer Person nachzutrauern, der gegenüber man sich durch Inkompetenz nur unzureichend positionieren konnte.
22. Mai 2006, 13:44 von Andreas Jahn