Stones: Potentielle Exekutivgewalt

Potentielle Exekutivgewalt

Neulich fiel mir wieder auf, dass ich unserem schönen Staat nicht vertraue. Rational betrachtet haben wir eines der bestausgewichteten Regierungssysteme der Welt, wenn mir ein Angehöriger der Vollzugsorgane komisch käme, hätte ich zig Möglichkeiten mein Missfallen juristisch und öffentlich kundzutun, Herr Montesquieu wäre stolz auf uns. Und dennoch, wenn ich die uniformierten Mandatsträger des staatlichen Gewaltmonopols sehe fürchte ich mich vor ihrer möglichen Willkür. Dann denke ich mir, dass sie am längeren Hebel sitzen, dass sie Befugnisse haben, die weit über die meinen hinausgehen, dass sie in ihrem Aktionsfreiraum völlig unvorhersehbare Wendungen vollführen können, denen man sich als Individuum, dessen auf der Beamtenebene hervorstechendstes Unterscheidungsmerkmal die neunstellige Personenkennziffer des Ausweispapiers ist, nur unterwerfen kann. Ich weiss, dass das Quatsch ist, aber mein Bauch ist da anderer Meinung. Neulich beim Seedkonzert schwebt lautlos ein dunkelgrüner Hubschrauber über dem Gelände und ich konnte meinen Blick nicht von ihm wenden. Sicher, der war nur zu meinem Schutz dort, aber vielleicht hatten die konkreten Anlass zum Dortsein und in der Aussicht, dass gleich hinter mir böse Menschen böse Dinge tun könnnten und genau dieser Hubschrauber das mit einer präventiven Aktion zu verhindern suchen könnte ließ mich nervös werden. Erst NACHDEM mir dieser Gedanke kam, viel mir auch wieder ein, dass das Bundesverfassungsgericht den Abschuss von gekidnappten Flugzeugen untersagt hat und man somit sicher auch nicht zum Schutz von Konzertgästen in die Konzertgäste reinballern darf. Damit war der Fall für mich erledigt, aber anscheinend waren den anderen 25000 Leuten solche Gedanken nicht gekommen. Was uns zu den Folgerungen führt: bin ich paranoid? Oder übermäßig ängstlich? Oder eher fehlgeprägt? Wenn ich an meine ach so unbeschwerten Jugendtage auf dem Lande denke, würde ich die Fehlprägung als Erklärung vorziehen. Gleich neben meiner Grundschule stand das Hauptgebäude der Polizei im damaligen Kreis und es hatte diese gewisse Aura. Keine Ahnung warum, aber es war ein allgemein akzeptierter Grundkonsens, dass von der Polizei nichts Gutes kommen könne und dass man nicht unbedingt etwas getan haben muss, um durch sie in Schwierigkeiten zu geraten. Als ich beispielweise einmal auf dem Heimweg von der Schule, ich war 6 oder 7, mit Freunden kleine Steine über den Zaun eine Maschinenfabrik warf, weil das beim Treffen von dahinterstehenden Metallteilen so schön schepperte, kam ein Typ auf einem Fahrrad vorbei, der zu uns rüberrief: “Ich ruf die Polizei, heute Abend werdet ihr abgeholt!” Das mag nach heutigem Maßstab lächerlich oder unglaubhaft klingen, aber als es abends tatsächlich an der Tür klingelte saß ich zusammengekauert unter meinem Tisch. Natürlich wars ein Nachbar.
Tja, und heute würde ich mich nie trauen, einem Polizisten gegenüber ausfallend zu werden oder seine Authorität anzuzweifeln. Zum Glück gibt es genug Beamte, die tagtäglich mit Wort und Tat beweisen, dass sie keine Übermenschen sind, sondern eher Hauptschulabbrecher, und mir damit die Hoffnung geben, dass ich sie eines fernen Tages nur noch als Normalos in Uniform betrachten kann.

17. Juni 2006, 18:39 von Andreas Jahn

Kommentare

Hilfe! Du bist mit dem Staat nicht zufrieden und ich nicht mit meinem Kenntnisstand! Wie ich bereits im meiner Nachricht an val.haris… vermerkte, bin ich ein absoluter Frischling in der aufregenden PC-Welt, und stehe vor einem Problem. Wo kann ich erfahren wie man ein blog einrichtet? Bin vollkommen überfordert, brauche mehr input, vielleicht in Form von Hilfsprogrammen für Unaufgeklärte. In Anbetracht dessen, dass Dein Blog mich in diese neue Welt geführt hat, sehe ich Dich ein bischen als Mitverantwortlichen von meiner misslichen Lage an. (Genau! DU bist schuld!) Bitte,hilf!
— Britt 21. Juni 2006, 02:27 #
oohh, äh, tja, gerade ich.. Das mit dem Blog hier war auch gar nicht meine Idee, eigentlich hat mich der Sven (du kannst auch rechts oben klicken) dazu überredet und immer wenn ich kleinlaut frage ‘sachma, wie kann ich denn eigentlich..’, dann sieht man in seinem gutmütigen Gesicht die Verzweiflung darüber, mir das erklären zu müssen und nach kurzer Kosten-Nutzen-Rechnung setzt er sich dann ran und erledigt es. Du siehst, ich schreibe hier nur. Aber vielleicht erklärt sich ja der Sven dazu bereit, hier einen Link zu posten, der zu einer Grundlagenseite führt.
— Andreas 21. Juni 2006, 13:10 #
Blogger hat auch eine Hilfe

Das hätte ich auch dort geschrieben, aber :
“Dieser Blog lässt keine anonymen Kommentare zu.
Wählen Sie eine Identität aus.”
— Andreas 21. Juni 2006, 13:46 #
Bin ich nun verloren oder nicht? Rabäähh. Ich wusste zwar, dass ich nichts weiss, es tut aber trotzdem weh, es so brutal vorgehalten zu bekommen, und jetzt mit den Konsequenzen leben zu müssen. Mal ehrlich: wenn der liebe Sven schon bei Dir, der Du ihm eindeutig nahe stehst und auf seinige höchste Wertschätzung Du zählen darfst, bei Anfragen Deinerseits von Verzweiflung ergriffen wird, wie wird er dann wohl auf das Hilfegesuch von vollkommen Fremdwesen reagieren? Da kann ja jeder kommen. Aber ich bin ja Optimist, wer fraget, dem wird Antwort gegeben und wer suchet, der findet. Danke Dir auf jeden Fall, bleibst heldverdächtig. :-)
— Britt 21. Juni 2006, 14:24 #
Der Sven ist außerdem ein vielbeschäftigter Mensch und wird wahrscheilich kaum Zeit für Online-Tutorien haben. Aber selbst wenn ich hier den Durchblick hätte, würde dir das wenig helfen, da dieser Blog mit Textpattern läuft und deiner bei Blogger. Es würde mich nämlich gar nicht wundern, wenn bei dir der Syntax ganz anders ist (wilde Spekulation).

Jetzt stehe ich schon unter Heldenverdacht, am Besten ich nutze den derzeitigen Hype und gründe eine Einmannboygroup, damit wäre mein Durchbruch sichergestellt.
— Andreas 21. Juni 2006, 15:51 #
Wow! Echt? Singen und tanzen kannst Du auch noch?
— Britt 21. Juni 2006, 16:51 #
In mir schlummern viele Talente. Im Unterhaltungsbereich würde ich sogar soweit gehen, mich als Rohdiamanten zu bezeichnen. Vielleicht noch etwas ungeschliffen, aber dafür kann ich jedes Glas zerspringen lassen. Man erinnere sich da nur an den Melancholie-Blues.
— Andreas 22. Juni 2006, 00:49 #
Der war echt köstlich! Hab Tränen gelacht!
— Britt 22. Juni 2006, 16:25 #

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