Stones: Ganz unerwartet..

Ganz unerwartet..

.. bin ich über einen ideellen Goldklumpen gestolpert. Vorgestern schmökerte ich in Werner Heisenbergs „Quantentheorie und Philosophie“ und wer jetzt einschläfernde Physik erwartet, muss sich getäuscht sehen, denn er hat mir rein weltanschaulich ein paar äußerst nützliche Ansätze geschenkt.
Als konstruktiv denkender Mensch frage ich mich seit Jahr und Tag, auf welchen Wahrheiten man die eigene Lebensführung gründen kann, mit welchen Einstellungen man das Handeln beginnen kann, ohne sich in irgendwelchen Schuldfragen zu verrennen. Religionen halte ich da für recht ungeeignet, da sie ein Glauben voraussetzen und bei kritischem Hinterfragen ihrer Entstehung ganz schnell auf halluzinierende Wüstenwanderer verweisen. Die Wissenschaft hat für den Heilssuchenden einige Enttäuschungen parat, denn sie kann nur Beschreibungen der Natur zu bieten, ohne Wertungen oder Vorgaben zu enthalten. Den gemeinen Mitmenschen braucht man in diese Richtung gar nicht erst fragen (Ausnahmen sollten sich nicht angesprochen fühlen!), denn das Geäußerte ist meist ein diffuses Durcheinander aus religiöser Prägung und rein instrumentalisierendem Wissenschaftsglauben. In dieser Werte-losen, weil immer aufs neue relativierenden Diskussion schlich sich schon oft der Verdacht ein, dass sich derjenige für sich moralisch am saubersten verhält, der das größte Selbstvertrauen hat. Auf Dauer ist das alles ziemlich unbefriedigend und deprimierend.

Daher ist es an der Zeit das Problem von einer anderen Seite her aufzurollen und Herr Heisenberg hat mir eine faszinierende Denkrichtung vorgegeben. Von seiner Unschärferelation, nach der man das Verhalten von Elementarteilchen nicht beobachten kann, ohne sie soweit zu manipulieren, dass die Beobachtung wertlos wird, wird der Eine oder Andere schon einmal gehört haben. Das passt dann gut zur Chaostheorie, die eh die Vorhersagbarkeit eines komplexen Systems mit unzähligen Einzelbausteinen anzweifelt. Bevor man an dieser Stelle resigniert sollte man weiterlesen. Gleichzeitig gibt es für Teilchenzustände Wahrscheinlichkeiten, die sich sehr wohl vorhersagbar eingrenzen lassen. Wenn man genau ist, dann trifft man hier auch auf ein ignoriertes Problem der klassischen Physik. Jene geht immer von abgeschlossenen Räumen aus und misst Vorgänge in diesen, obwohl sie nur dadurch abgeschlossen erscheinen, weil man nicht genau hinschaut. Wenn ich beispielsweise ein Thermometer in ein Glas Wasser halte, dann geht schon dadurch Energie verloren oder kommt dazu, ohne dass ich das vollständig kompensieren oder rausrechnen könnte. Die 100% Bestimmbarkeit eines Zustands ist auch im großen Maßstab nie gegeben und damit springe ich durch Übertragung des Gedanken aufs Soziale zu meiner Kernaussage:
Es gibt nichts Absolutes, die Suche danach ist ein menschlicher Wesenszug, aber wenn man sich an ihm festhält kann man nur enttäuscht werden. Statt dessen gibt es Wahrscheinlichkeiten von Zuständen. Genauso ist es müßig, einem Idealverhalten oder einer Erwartung entsprechen zu wollen. Natürlich kann man sich bemühen und man sollte wohl auch Ideale haben, aber mit nicht weniger als 100% zufrieden sein zu wollen ist realitätsfremd. Das geht gar nicht. Statt dessen sollte wohl das Ziel sein, ein klar definiertes Ergebnis erreichen zu wollen und das Streben darauf zu richten, die Zielzone möglichst punktgenau zu treffen. Das klingt gar nicht so besonders anders, als die Maxime „Tu dein Bestes“, aber ich finde dass durch die geänderte Blickrichtung das Erfolgsempfinden erheblich verstärkt wird. Und nicht nur das, hier entsteht auch Platz für Fehler. Für die eigene Fehlbarkeit kann man nichts und es gibt keinen Grund sich dafür zu geißeln, solange man sich bemüht sie zu vermeiden. So etwas wirkt doch auch gleich viel motivierender.

14. August 2006, 14:46 von Andreas Jahn

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