Im Dunkeln leuchten
Seit Tagen sitze ich in der Erzmineral-Sammlung und versuche mir die vielfältigen Namen und chemischen Formeln zu merken. Da heißt es anfassen, kratzen, hin und her drehen und dann die erste Diagnose mit den Namen auf den Schildchen vergleichen. Das ist gar nicht so langweilig, wie es klingt, denn ein gewisser Nervenkitzel steckt schon dahinter. Wenn man beispielsweise auf dem Stuhl steht, in der obersten Schublade herumkramt und ein leichtes Schwindelgefühl verspürt, dann weiß man nie, ob man mal wieder was Essen sollte, der Schwefelgeruch im Raum seine Tribut fordert oder man schnell einen Arzt rufen sollte, weil man sich eine Schwermetallüberdosis verabreicht hat. In diesem Raum ist so ziemlich alles giftig, das eine mehr, das andere weniger.
So sehe ich eine große Grabbelkiste mit lustigen roten Mineralen, die erstaunlich leicht sind. Also reibe ich zwei Stücken aneinander, wohliger Schwefelgeruch verbreitet sich (ich mag Schwefel..) und ich reibe noch mal. Schön. Was ist das eigentlich? Ah, da steht es: Zinnober. Ein Quecksilbersulfid, in dem sich auch mal gediegenes (also freies, flüssiges) Quecksilber befinden kann. (Daher war es in anderen Schubladen auch eingetütet.) Und so geht es weiter, die Schränke sind voll mit allerlei Arsen, Blei, Cadmium, Uran, Antimon etc. –Mineralien. Was die meisten nicht ahnen, selbst Kupfer kann verdammt giftig sein, es ist alles eine Frage der chemischen Bindungspartner. Mutter Natur weiß immer noch am Besten, wie man tötet. Ich kann allen Kristallkettenanhängerliebhabern nur raten, sich mal schlau zu machen, was sie da eigentlich auf der Haut tragen.
8. Oktober 2006, 21:23 von Andreas Jahn