Stones: Eine dieser Nächte..

Eine dieser Nächte..

Manchmal, nicht oft, aber doch hin und wieder, da geschieht es, daß man abends nicht einschlafen kann, weil man beispielsweise kalte Füße oder tagsüber zu viel Kaffee getrunken hat und dann kann es vorkommen, daß man anfängt nachzudenken und dann wird man erst recht nicht mehr einschlafen. Natürlich grübelt man über Probleme, über die Dinge, die einem schon lange auf der Seele liegen und man bemerkt wie unfähig man über Jahre hinweg gewesen ist, sie zu beseitigen und wie sie einen Rattenschwanz an weiteren Problemen nach sich ziehen, wie nicht nur alles der eigenen Kontrolle entzogen ist, sondern auch wie gering die Hoffnung ist, diesem Zustand jemals entrinnen zu können, zumal die eigene Sozialisation einem wie ein Stück Blei am Fuß hängt, dass man unter vielen Mühen die Stufen in Richtung eines lebenswerten Lebens hinaufziehen muß, immer im Bewußtsein der Gefahr bei nachlassender Anstrengung gemäß der mir inhärenten Alltagsinkompetenz wieder in finsterste Tiefen hinuntergerissen zu werden. Bei all den Determinanten, den Genen und Memen, der Erziehung, dem Makro und Mikroökonomischen Kontext, der sozialen Verflechtung, der Moral, der postulierten und indoktrinierten ‘Verantwortung’ für mich selbst, den Erwartungen, Verpflichtungen und nicht zuletzt meinem unausgelebten triebhaften Innenleben, wo bleibt sie denn, die freie Entscheidung, die Berechtigung mich auch sapiens und nicht nur homo nennen zu dürfen. Wo liegt der Grund, dass ich mich in diese Spannungsfelder einzwängen lasse, wofür diese Anstrengung, wem bringt das was? Die einzige Antwort, die da irgendwo durchschimmert, lautet: mir. Davon mal absehend, daß das zuvor verzweifelt Gesagte nur die Ausgeburt eines vorrübergehenden chemischen Ungleichgewichts im Großhirn ist, vom Volksmund auch als Anflug einer Depression bezeichnet, muß ich wohl vom Fehlen jeglichen Sinns und jeglicher Aufgabe ausgehen. Die Frage danach ist schon unsinnig, die Natur kennt sowas gar nicht. Ich bin und bleibe ein Tier, bei dem nur dann Belohnungsmechanismen greifen, wenn es sich erfolgreich reproduziert oder seine Chancen dazu durch die Erhöhung seines gesellschaftlichen Status’ erhöht. Nicht mehr und nicht weniger. Ich muß es wohl einsehen, erst wenn mir alle mit ihrem soziokulturellen Anspruchsdenken den Buckel runterrutschen können, erst wenn ich mir irgendeinen weiblichen Konterpart geangelt habe, erst wenn ich fern von Bescheidenheit und Bedenken mir meine ökonomische Basis gesichert habe, erst wenn ich nicht mehr darüber nachgrüble, wie ich etwas sein kann, was es nur als gesellschaftlich notwendige Fiktion gibt, erst dann werde ich wohl Ruhe finden und muß mir nicht die Nacht um die Ohren hauen. Schade nur, daß es bis dahin ein so weiter Weg ist

13. Februar 2006, 16:43 von Andreas Jahn

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