Stones: Euphemismus des Tages 48

Euphemismus des Tages 48

Schrottpapiere
Giftpapiere
Vergiftete Papiere
Toxische Papiere
Faule Wertpapiere
Ramschpapiere
Faule Kredite
Belastete Anlagen
Schrottimmobilien
Bad Bank
Giftmülldeponie für faule Papiere
Bilanzbereinigung
Frisches Geld
Marode Banken
Notleidende Banken

Sie machen es schon wieder. Das Bankgeschäft ist im Kern ja eine ziemlich langweilige Angelegenheit: man schiebt das Geld anderer Leute rum und versucht Leute ohne Geld davon zu überzeugen, dass sie das rumgeschobene Geld für hohe Zinsen leihen sollen. Bei der Überzeugungsarbeit zeigten die Banker bislang aber ganz außergewöhnliche Kreativitätspotentiale und aus dem drögen Kreditgeschäft entsprangen hippe Anlagestrategien mit ‘innovativen Finanzprodukten’. Beim Gerangel um Prozente auf dem Markt der maximum assured investment multiplicators für real estate assets und so ging ja bekanntlich irgendwann die Übersicht verloren, zumal die beim Verhökern von Hypotheken ohne Sicherheiten auch eher störend ist. Dann kam der Knall, das große Jammern und nun gibt es ein Gerangel auf dem Markt für Leidensdruck-gebundene Staatshilfen.
Und die Logik bleibt, dass ein Unternehmer was in einer hübschen Verpackung gekauft hat, ohne wissen zu wollen, was es ist, da er es ja ‘eh weiterverkaufen wollte, wozu es aber nicht kam, weil der Inhalt der Verpackung plötzlich zu stinken begonnen hat wie alter Fisch. Nun braucht der Unternehmer dringend Geld, um den Totalverlust zu kompensieren und er bekommt es auch, weil die nach altem Fisch stinkenden Kartons die ganzen Kunden vom Markt für hübsch verpackte Kartons mit fragwürdigem Inhalt verschrecken. Doch zum Glück haben wir noch die kreativen Banker, die Hand in Hand mit der Journaille ständig neue Worthülsen schaffen, mit Hilfe derer sich die Folgen haarsträubendem Unternehmertums in die Nachwirkungen einer erdbebenartigen höheren Gewalt umdeuten lassen. Es gibt eben doch nur Opfer.

Noch was zur Bad Bank: Wertlose Wertpapiere (hüstel) sollen nicht abgeschrieben werden, weil das ja in der Bilanz blöd aussähe, sondern zum fairen (Einkaufs-?) Preis an die Bad Bank abgestossen werden. Und die Bad Bank alias Staat bezahlt das dann mit Staatsverschuldung. Das scheint natürlich nur so, als ob der Staat den Banken einfach ihre Verluste ersetzt. Dadurch, dass die Wertpapiere als Objekte im Spiel bleiben, entgehen die Banken der Demütigung des Pleitemachens und Sich-hinterher-beschenken-lassen-müssens, während der Staat mit realem Geld einen fiktiven Wert gekauft hat, den er als Aktivposten weiter gegen die Bankengeschenke gegenrechnen lassen kann und deshalb nicht als Minus im Haushalt auftaucht. Und so gibt es eben doch nur Gewinner.

PS: Nichtvorhandenes Staatsvermögen schlägt sich doch in der Inflation nieder, oder? Aber als Politiker braucht man jetzt keine Angst für die nächste Wahl haben, dass bremst die Deflation und kann der Finanzkrise angelastet werden.

PS2.: verfaulen Wertpapiere im Kühlschrank langsamer?

21. April 2009, 17:06 von Andreas Jahn

Kommentare

Ich schreibe nur nen Kommentar um Präsenz zu zeigen, eigentlich habe ich nix zu sagen…
— matthi 22. April 2009, 21:51 #
Danke, eigentlich will ich ja auch nur meinen Frust darüber ablassen, dass die Menschen mit Krisengeschwafel betäubt und dann um mittlerweile Billionen erleichtert werden. Was gab es früher immer für ein wochenlanges Geschrei, wenn mal lumpige 2 Milliarden für Bildung oder ähnliches ausgegeben werden sollten. Aber das war früher..
— Andreas 23. April 2009, 12:05 #
Ich verstehe deinen Ansatz vollkommen. Mann muss halt durch Monatelanges heulen erstmal eine Stimmung schaffen um antisoziale unpopuläre Maßnahmen (Entlassungen) durchsetzen zu können. Alles Idioten, aber leider die einzigen, die wir haben.
— matthi 23. April 2009, 23:02 #

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