Stones: Schwarzmalerei

Schwarzmalerei

Wie kommt es eigentlich, dass ich so oft den Teufel an die Wand male und Beiträge über Peak Oil, Klimawandel, Staatsverschuldung, invertierte Alterspyramiden, Finanzkrisen oder Pandemiegefahren schreibe? Bin ich wirklich so negativ eingestellt? Oder habe ich einfach nur eine untergründige Lust darauf, den ganzen Quatsch, den wie Alltag nennen, den Bach runter gehen zu sehen, eine Gier nach dem “reinigenden Gewitter”? Oder lenke ich mich gar vorsätzlich mit theoretischen Gefahren von realen Tagesaufgaben ab? Gute Frage..

Übrigens hat die Internationale Energieagentur, also der Energiebeobachter-Verein der OECD, im letzten Herbst ihre jährliche Zukunftsprognose abgegeben. In der Aufregung um die Finanzkrise sind der Öffentlichkeit dabei ein paar interessante Details entgangen, vor allem die plötzlich absackenden Prognosen für die Förderkapazitäten.

Bisher hieß es immer: Keine Sorge, Öl ist noch massig da, allerdings sinkt die Förderleistung der bestehenden Felder um 3,7% pro Jahr, deshalb muss deutlich mehr investiert werden, um die Kapazitäten auszubauen. Bis 2030 sollte sich der Ölpreis demnach bei rund 60$ einpendeln.

Nun geben sie zu, dass ihre bisherigen Zahlen bloße Annahmen waren und sie im letzten Jahr endlich mal die 800 größten Ölfelder abgeklappert und durchgerechnet haben.

Jetzt heisst es:
1. die Nachfrage steigt jährlich um 1%, die reale Fördermengenabnahme der bestehenden Ölfelder beträgt 6,7% pro Jahr
2. trotz weiterer Neuerschließungen werden die nicht-OPEC-Länder in 2-3 Jahren ihr Fördermaximum erreicht haben
3. wenn die OPEC-Länder weiterhin 350Mrd $ jährlich investieren, dann können sie es schaffen, ihr Fördermaximum bis 2015 hinauszuzögern
4. Unterm Strich muss massiv investiert werden, damit die Weltgesamt-Förderung von konventionellem Öl noch bis 2015-20 etwas steigen kann, bevor sie absackt.
5. Eine Nachfragedeckung bis 2030 kann durch deutliche Ausweitung des Ölsandabbaus erreicht werden. Jedoch sollte man das besser nicht tun, weil dabei pro Barrel dreimal so viel CO2 freigesetzt wird, wie bei einer normalen Ölquelle.
6. Schon ab 2010 kann es zu einer realen Ölverknappung auf den Weltmärkten kommen

Gleichzeitig sagt der Verantwortliche des Berichts, dass es jetzt eine “Energy-Revolution” braucht, sonst waren die Ölpreisspitze und der Inflationsschub des letzten Jahres dagegen nur ein Kindergeburtstag.
Die Warnung kommt etwas spät. 2015 ist in 6 Jahren! Der Hirsch-Report des US-Energieministeriums legt nahe, dass man besser schon 20 Jahre vor dem Peak Oil mit der Transformation zu Ölalternativen beginnen sollte, weil man sonst Probleme bekommt.

Was “Probleme” heissen soll? Nun ja, der Ölpreis springt auf 120$ + X, erst jammern die Autofahrer, dann wird der Käse im Supermarkt teurer und am Ende des Jahres wollen die Heizkostenleute eine saftige Nachzahlung. Und es wird nicht nach ein paar Monaten vorbei sein, sondern ab jetzt immer weitergehen und sich von Jahr zu Jahr noch steigern, bis uns die nächste Wirtschaftskrise ins Haus steht. Und wirkliche Spekulationsblasen oder Konflikte im Nahen Osten sind dabei noch gar nicht berücksichtigt.

Ein (inhuman-egoistischer) Lichtblick ist dabei, dass ab gewissen Preisniveaus auf dem Weltmarkt sich die Nachfragesituation entspannen wird. Das bedeutet zwar eine Katastrophe für Drittwelt und Schwellenländer, aber der Ölpreis wird sich wohl irgendwo stabilisieren, wo wir uns auch weiterhin noch den morgendlichen Kaffee leisten können.

PS: Allen, die es geschafft haben, den Text bis hierher zu lesen, traue ich auch zu, die IEA-Prognose zu lesen. Es lohnt sich.

18. Juni 2009, 13:28 von Andreas Jahn

Kommentare

Ich vergaß zu erwähnen, dass die 120$ Preisprognose Wert-äquivalent zum 2007er-Doller angegeben wurde. In absoluten Zahlen spricht die Studie von 200$.
— Andreas 21. Juni 2009, 18:28 #
Na ja, letzten Sommer hatten wir 140$, und die Leute haben nur etwas lauter gemurrt… Wenn es 400$ werden, dann wird man die Sache wohl anders sehen.
— Antenne 21. Juni 2009, 19:39 #
Bei uns haben sie gemurrt, von Marokko bis zu den Philippinen flogen dagegen auf der Strasse schon die Steine. Ein interessanter Teilaspekt ist noch, dass bereits jetzt weltweit die Energie mit 300irgendwas Milliarden $ subventioniert werden muss, vor allem in Iran, Russland und China.

gesucht und gefunden: Seite 4
— Andreas 22. Juni 2009, 19:23 #

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