Stones: Seite 88

ein letztes Mal

Obacht, jetzt wirds makaber! Wie ihr vielleicht dem unteren Beitrag entnommen habt, ist vor kurzem mein Opa verstorben. Das ist bedauerlich, aber nicht zu ändern. Selbstverständlich hat man als getreuer Enkel der Beisetzung beizuwohnen und dagegen streube ich mich prinzipiell auch nicht. Aber!: was mache ich, wenn ich an dem angepeilten Wochenende schon etwas vorhabe? Absagen, so wichtig kann das nicht sein! Und wenn doch? Beispielsweise den ersten Urlaub seit drei Jahren, in dem ich eine ganz besondere Frau treffen möchte und für den der Obolus für’s Flugticket bereits abgebucht ist?
Jaaa, jetzt wirds kniffelig, was macht man da? Nun habe ich die Wahl zwischen einem sicherlich spaßlosen Familienevent, für dass ich mehr opfere als nur ein paar Euro und etwas Zeit und einem geplanten Ausflug in den sonnigen Süden, bei dem mir als Einziges die grollende Verständnislosigkeit meiner Familie sicher ist.
Ganz toll! Aber solche Dilemmata sind wieder typisch. Jetzt will ich das niemandem anlasten, solche Situationen entstehen einfach, aber ebensolche Situationen pflastern mein ganzes Leben. Wie oft wollte ich zu einer Party, die terminlich mit einem Familienanlaß kollidierte und wurde dann mit dem moralischen Todschlagargument konfrontiert, daß niemand wissen könne, wie oft man sowas noch in dieser Runde machen könne.. Und nun sowas.
Um es vorweg zu nehmen, da ich mich bei keiner der beiden Entscheidungsmöglichkeiten Wohl fühlen werde, neige ich dazu, den Lebenden Vorrang einzuräumen.

6. November 2006, 13:24 von Andreas Jahn Kommentare [5]

Nachruf

Ins Armenghetto hineingeboren, der Vater ein Säufer, schien sein Leben vorgezeichnet. Als er 8 war kam die Weltwirtschaftskrise, der Hunger wurde zum täglichen Begleiter, das Schulgeld hatte keiner mehr, durch Mangelnährung viel zu klein für sein Alter, was machte es schon für einen Unterschied, wer die Macht im Lande übernahm, als er 12 wurde. Er merkte es erst mit 14, als er zum ersten Mal in seinem Leben neue ungetragene Kleidung bekam und genug zu Essen hatte. Von diesem “Landjahr“ hat er oft erzählt, was störte es ihn, dafür Hitlerjunge werden zu müssen. Danach war es auch kein Problem mehr, eine Lehrstelle zu bekommen, ein Klempner sollte er werden. Mit 16 rutschte er bei der Arbeit in einen kochenden Waschkessel, nur der gute Wille des Arztes und die Überzeugungsarbeit der Familie rettete sein Bein vor der Amputation. Wieder genesen war er alt genug für den Arbeitsdienst. Hatte er genug Überblick, sich dem Staat zu entziehen? War es nicht seine Pflicht, für sein Land einzutreten, ein Krieg hatte doch begonnen.. Mit 19 kam er zur Armee, durch Beschiss bei der Eignungsprüfung konnte er sich bei den Funkern in der Luftwaffe einreihen. Nach allerlei Lehrgängen, Versetzungen und Umgruppierungen wartete mit 20 der Einsatz auf ihn, es ging nach Russland. Nordabschnitt. Vier Jahre lang Staub und Schnee. Und immer wieder nur durch Glück am Leben geblieben. Dann die Gefangennahme und Arbeitslager. Nochmal drei Jahre. Schließlich war er als Mitläufer gleichsam schuldig. Mit 28 kam er nach Hause. Mit 28 konnte er sich erstmalig überlegen, was er mit seinem Leben eigentlich anfangen wollte. Bisher hatte man ihm immer alles vorgeschrieben und sie wollten es wieder tun, denn er lebte in Ostdeutschland.
Aber er begann einen völlig neuen Abschnitt. Er ging zur Abendschule, er machte seine Lehre zu Ende, wurde Handwerksmeister, wurde Ehemann und Vater von drei Kindern, er gründete eine eigene Firma, er machte sein Ding und er machte es gut. Durch seine Hände Arbeit erschuf er sich eine Welt, in der er die Fäden in der Hand hielt. Während andere zehn Jahre auf ihren Trabant warteten, fuhr er Wolga, wo andere vor den Funktionären buckelten, um Urlaub in einem FDGB-Heim zu machen, mietete er von Bekannten ein Haus in den Bergen. Ihm wurde misstraut und missgönnt, ständig wollte jemand seine unsozialistische Firma dichtmachen. Er setzte sich durch. Seine Kinder sollten nicht studieren dürfen. Er fand Wege, dass sie es doch konnten. Seinen Enkeln brachte er ebenso viel Liebe entgegen wie seinen Kindern. Und er gab ihnen eine Vorstellung davon, was geistige Unabhängigkeit ist.
Mit 68 durfte er sich endlich wieder vollkommen frei in seinem eigenen Land bewegen und seinen Bruder wiedersehen. Er konnte sich nun auch mal Schweden anschauen. Für viel weiter reichte sein Elan nicht mehr. Bald begannen die Zipperlein, die Problemchen, dann kamen Krankheiten und bange Momente, aber jedes Mal rappelte er sich wieder auf. Diesmal nicht. In nur drei Monaten warf ihn ein Lebertumor nieder. Es hätte schlimmer ausgehen können.
Machs gut Opa.

3. November 2006, 11:20 von Andreas Jahn Kommentare [3]

Scheinangriff

Nicht nur die aktuellen Temperaturen sondern auch ein perfider Plan zur Vernichtung der Weltwirtschaft nötigt uns in diesen Tagen, Handschuhe zu tragen. Scheinbar präpariert derzeit irgendein Schmutzfink im Großraum Berlin Geldscheine mit einem Sulfatpulver, so daß sie sich bei Feuchtigkeitskontakt in einem Schefelsäurebad auflösen. Wer kommt denn nur auf solche Ideen ? Und warum bin ich nicht drauf gekommen?

2. November 2006, 12:15 von Andreas Jahn Kommentare

Ein denkwürdiger Tag

Heute ist der 01.11.2006! Ab heute wird sich so einiges ändern und das hoffentlich zu meinen Gunsten.

1. November 2006, 15:13 von Andreas Jahn Kommentare

Und noch eine Glaubensfrage

Wenn mich heute Abend ein Kind unter Adaption an reimportiertes kelto-amerikanisches Brauchtum auffordert, seinem Karies Vorschub zu leisten, dann kann es sich auf eine Fundamentalkritik an dieser Unart gefaßt machen, die seit Jahren verstärkt unseren besinnungsfördernden Reformationstag zum Hauptaktionsmoment kulturrelativierender Hedonisten verkommen läßt. Da fühlt man sich doch im religiösen Empfinden gestört!
Es muß ja keiner wissen, daß ich eigentlich katholisch getauft bin.

31. Oktober 2006, 17:49 von Andreas Jahn Kommentare

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