Stones: Milchmädchen Rechnungen

Zur Abwechslung mal was zum Euro..

Ich grüble immer noch ein wenig über die Denkanregungen, die ich vorhin im Presseclub zu möglichen Zerfallsszenarien der Eurozone gehört habe. Was würde denn passieren? Das Rausschmeissen der PIIGS (oder wie ich sie nenne, GIPSIs), das Neugründen eines “Nordeuros” oder auch die Wiedereinführung der D-Mark würde eines ganz sicher herbeiführen: das plötzliche Aufwerten unserer künstlich durch die “Schuldenstaaten” niedrig gehaltenen Währung, wir würden den an unser Wirtschaftswachstum gebundenen aber nicht/kaum realisierten Aufwertungstrend der letzten letzten 10-12 Jahre über Nacht nachgeliefert bekommen, während es bei den Südländern in genau die andere Richtung ginge. Unsere Exportwirtschaft müsste plötzlich eine 20-30%ige Aufwertung verkraften, während sich die deutschen Verbindlichkeiten in den Südländern, immerhin wohl auch 200 +X Mrd.€, in Luft auflösen würden und sich in Form einer neuen (deutschen) Bankenkrise äußern und im Falle einer staatlichen Nichteinmischung (weil pleite und plötzlich auch mit 20% mehr Schuld-Wert) durch die Versicherungsbranche in die Realwirtschaft fressen würde.
Autsch. Aber der Spaß ginge da erst los. Mit einer Deflation sackten nicht nur die Börsenkurse weg, man müsste auch den Leuten erklären, warum sie den steigenden Geldwert mit niedrigeren Löhnen bezahlen sollten. Außerdem würden alle abgewatscht werden, die sich auf die multimedial angekündigte Inflation des Euro eingestellt und entsprechende Anlagen gestürzt hatten, also Häuslebauer, Kreditnehmer, Leute mit Gold im Keller..

Aber immerhin hätte dann die Geschichte noch eine ihrer großen Pointen für uns parat, mit der wir unter der Brücke unsere Gemüter erheitern könnten: dann würde (West)Deutschland auch mal als Ganzes über Nacht einen Deflationsschock erleben, der sich gewaschen hat, sozusagen die ostdeutsche Perspektive der Wiedervereinigung auch mal für Westdeutsche. Während die Firmen zur Rentabilitätssteigerung massiv Arbeitskräfte freisetzen, müssten sich die Leute vom IWF sagen lassen, dass sie erstmal arbeiten lernen und ausserdem bei ihren Lohnforderungen mal gefälligst nicht so vermessen sein sollten.

Aber da will ich den Teufel nicht zu deutlich an die Wand malen, noch habe ich die Hoffnung, dass auch die europäischen Politiker mal aufwachen, sich der Dringlichkeit der Lage bewusst werden und endlich mal gemeinsam eine Lösung finden, statt ständig den Finanzmärkten neue Spekulationsnahrung zu geben, indem sie sich öffentlich gegenseitig um die Ohren hauen, was alles nicht geht und wer für wen nicht zahlen will.

12. Dezember 2010, 18:42 von Andreas Jahn Kommentare

Mal wieder eine Integrationsdebatte

Sarazins in Buchform getätigte Äußerungen habe ich bisher nicht nachlesen können, werde es wohl auch nicht, seine Auslassungen haben aber mal wieder einigen Wirbel verursacht, der sich überwiegend an seiner Person abarbeitet. Wie gesagt, ich habe es nicht gelesen und auch seine Gen-Phantasien kenne ich nur aus zweiter Hand

Aber eine bohrende Frage hat er damit trotzdem offengelegt: wie wollen wir die Integration zum Erfolg führen und zu wieviel Integration ist die Gesellschaft überhaupt in der Lage? Denn die Kinder von heute sind die Erwachsenen von Morgen und die Rentner von übermorgen:

Wie hoch sollte ein Migranten-Kinder-Anteil in einer Schule sein, damit eine wirkliche Integration in die hiesige Bildungs/Alltagswelt möglich wird. Wie hoch sollte der Anteil sein, dass man selbst sein eigenes Kind noch bedenkenlos hinschicken würde. Im Moment liegt der Anteil von Kindern mit Migrationshintergrund unter 5 Jahren bundesweit bei 34%. Alles darunter wäre von ‘einheimischer’ Seite her schon Ausgrenzung und würde Parallelgesellschaften und Ghettoisierungen befördern. Das ist eine ernste Frage und sie wächst täglich. Wenn ich den Trend in der Bevölkerungspyramide ansehe, dann ist die 50%-Marke in 10-15 Jahren erreicht.
Gemäß des ziemlich aufschlußreichen 8. Berichts der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration über die Lage der Ausländerinnen und Ausländer in Deutschland liegt der Anteil der unter 5-jährigen Kinder mit Migrationshintergrund schon heute in einigen Großstädten darüber, Spitzenreiter ist Frankfurt am Main mit 67,5%. Wer integriert da noch wen? Hier sieht man sehr eindrücklich, wie die entsprechenden Populations-Verhältnisse der Großstädte in 20 Jahren sein werden. Hier Gräben aufzureissen, wäre genau der falsche Ansatz. Wenn sich 60% einer Stadtbevölkerung dikriminiert fühlen, dann brennen bald Barrikaden. Hier sind Lösungen gefragt, die mit Herz und Verstand gesucht und gefunden wurden. Und in unserem eigenen Interesse sollten sie bald kommen.

30. August 2010, 13:24 von Andreas Jahn Kommentare

Jenseits des Begreifbaren

Gerade las ich bei SpOn einen Artikel über die negative Wirtschaftsdynamik in den USA und überflog in einem seltenen Anfall von Masochismus noch kurz die Leser-Kommentare, bis ich bei einem hängenblieb. Ein Leser regte sich über die Absurdität des Zinssystems auf, wo Geld sich grenzenlos selbst erschaffen darf. Sein Beispiel habe ich gerade mal mit Excel leicht modifiziert nachvollzogen:

Hätte Joseph seinem Sohn Jesus 1 € auf de Bank gelegt und wäre es bis heute zu 5% verzinst worden (quartalsweise je 1/4), dann würden da jetzt rund 2,5*10^43 € schlummern. Gut, kann sich keiner vorstellen. Wie wärs damit: nach heutigem Goldpreis von rund 30,55€ pro Gramm wäre das ein Gegenwert von etwa 411 Millionen Sonnenmassen in Gold ! Ich sollte nicht Banker werden, ich sollte eine Kryostase-Kammer bauen!

18. August 2010, 22:50 von Andreas Jahn Kommentare [2]

Gemeinschaftsorientiertes Wirtschaften, Pro und Kontra

Sozialismus (rein ökonomisch): Form des Wirtschaftens, bei dem die Produkte menschlichen Schaffens durch Umverteilung dazu genutzt werden, die Bedürfnisse aller Marktteilnehmer zu befriedigen und dabei ein Maximum an Gleichheit bzw. (Verteilungs)-Gerechtigkeit zu erzielen.

Vorteil: Die direkte Verteilung von Waren über einen Bezugsschlüssel (Extremfall: Rationierung) oder die indirekte Verteilung über für alle bezahlbare Preise (Subvention) sorgt für eine teilweise oder vollständige Aufhebung des Marktes, was die Produktionskosten-unabhängige Versorgung sicherstellt. Der Konsument erhält was er braucht.

Nachteil: Das Fehlen eines realen Kaufpreises lässt den Wert der Produkte für den Konsumenten verschwinden. Neue Arten individual-wirtschaftlicher Logik führen ins Absurde, wenn beispielsweise subventioniertes Brot billiger als Schweinefutter wird. Verschwendung und Ineffizienz greifen um sich.

Vorteil: Der Einzelne wird von der Last der Existenzsicherung befreit und kann seine Fähigkeiten im Alltag zum Wohle der Gemeinschaft entfalten.

Nachteil: Die Natur des Individuums stellt im Normalfall größere Motivationsreserven für den konkreten Selbsterhalt und Bereicherung bereit, als für abstrakte und langfristige Gruppen-Ziele. Auch weit-verbreiteter Idealismus verhindert nicht Produktivitätsabschläge gegenüber einer Wirtschaft, deren Teilnehmer von Existenzangst getrieben werden.

Vorteil: Eine Gesellschafts-übergreifende Planung der Wirtschaftskreisläufe ermöglicht weitreichende Investitionen in die Infrastruktur und Produktionskapazitäten, ohne dabei von kurzfristigen Amortisierungs-Zwängen behindert zu werden. Forschung und Technik können nach Bedarf und nicht nur nach Kassenlage ausgeweitet werden. Ökologische Aspekte können übergeordnete Beachtung finden.

Nachteil: Ein nicht auf Wirtschaftlichkeit ausgelegtes Versorgungssystem bedarf einer zentralen Steuerung, um die Verteilung der benötigten Rohstoffe zu koordinieren. Ein zentrale Steuerung der Produktion läuft auf Planwirtschaft hinaus. Ein übergeordneter Plan kann zu massiven Einspareffekten führen, zumal konkurrierende Produkte nicht erst produziert werden müssen, bevor sich klärt, ob sie am Markt Abnehmer finden, oder wieder eingestampft werden müssen. Allerdings ist die Feststellung des Bedarfs ein Akt höchster Willkür, der weder kulturellen noch gesellschaftlichen Entwicklungen Rechnung tragen kann. Wer will schon rote Pullover tragen, nur weil dieses Jahr ausschließlich rote Pullover produziert wurden. Gleiches gilt für Form und Funktionalität aller Konsum-Güter.

Vorteil: Ausbeutung durch egoistische Individuen oder Investorengruppen wird durch die Allgemeingut-Machung der Produktionsmittel unterbunden

Nachteil: Der Sicherheit wird die Freiheit und damit die Grundvorraussetzung selbstbestimmten menschlichen Handelns geopfert. Dies geschieht selten durch Einsicht und niemals vollständig, was den Vertretern der Wirtschaftsordnung die Frage nach dem Umgang mit den Uneinsichtigen beschert. Wird die Ordnung durch eine über die Jahre gewachsene Bürokratie vertreten, sind in dieser Frage humanistische Fehlleistungen unvermeidlich.

Vorteil: Ist die Bedarfs-Deckung das Hauptziel, dann ist diese endlich. Es gibt zumindest keine inhärente Logik, die permanentes Wachstum der Gesamtwirtschaft erfordern würde. Eine gleichberechtigte Versorgung dämpft unnötige Begehrlichkeiten.

Nachteil: Es ist ein erheblicher Aufwand an Sinngebung durch die Repräsentabnten des Systems notwendig.

Es ist höchst fraglich, ob eine Überwindung der starken, jedem innewohnenden Aneignungsreflexe möglich ist und man das menschliche Streben in eine am Gesamtwohl der Gesellschaft (vielleicht sogar Biosphäre) orientierten Richtung kanalisieren kann. Nachhaltig hat das bisher noch nie funktioniert.

28. Juli 2010, 17:20 von Andreas Jahn Kommentare

Nur kein Stress..

Von der Presse aufgebauscht, der Politik mit Nachdruck zum Positivausgang geschubst und der Wirtschaft als nichtsagenden Firlefanz abgetan, sind nun gestern die Ergebnisse des europaweiten Banken-Stress-Tests vorgestellt worden. Dass alle ausser den üblichen Verdächtigen wie die HRE durchgekommen sind, mag man gut finden oder nicht, ebenso wie die Messmethode. Aber es gibt noch weitere Aspekte, wo ich als Laie staunen musste: so hat die Deutsche Bank ein Bilanzvolumen von 1.6 Billionen €.. nicht schlecht. Außerdem hat sie mit derzeit rund 13% Kernkapitalquote eines der dicksten Finanzpolster in Europa, nur die britische RBS hat mehr.

Wie gesagt, damit steht sie deutschlandweit am Besten da und nun frage ich mich, was das bedeutet. Wenn ich mir überlege, dass sich die Bilanz aus Kapital-Eingängen (Spar- und Anlageeinzahlungen + Kreditaufnahmen) und Ausgängen (Kreditvergabe, Auszahlungen aller Art) berechnet, wie kann man dann bei EU-geforderten 6% von einer ausreichenden Sicherung ausgehen? Da reichts doch schon, wenn bei den Kontrakten mit Laufzeiten zwischen einer Woche und fünf Jahren mir einfach die anderen zwei Monate kein Geld mehr leihen wollen (wie schon geschehen). Da müsste doch selbst die Deutsche Bank ins Schlingern kommen, wenn sie ihre kurzfristigen Kredite abzahlen soll und gleichzeitig keiner mehr Geld rausgibt. Das ganze System scheint mir schon so aufgebaut, als könne man mit Geld arbeiten, das man nicht hat und das man sich leiht, obwohl man dafür überhaupt keine Garantien mitbringen kann. Jeder Privatmensch muss seine Kredite in irgendeiner Form absichern und Gegenfinanzieren, mit Hypotheken und Lohnnachweisen. Die Banken pumpen sich im Ernstfall Geld vom Staat, wieder ohne Garantien.. Sei’s drum. Was würde eigentlich geschehen, wenn zu einer Bankenkrise noch eine Vertrauenskrise unter den Sparern/Anlegern käme. Der Northern Rock ist es schon so gegangen. Dann reichts doch wenn innerhalb einer Woche 10% der Sparer ihr Geld wiederhaben wollen. Dann ist die Bank doch schon zahlungsunfähig. Sowas könnte wohl auch ein Branchenprimus nicht schultern, oder? Natürlich sollen die Anleger bei uns beruhigt und genau davon abgehalten werden, weshalb es den Einlagensicherungsfond gibt. Der deckelt aber nur 30% des Eigenkapitals! Wenn ich als Sparer also nicht nur 30% meines Ersparten zurückhaben will, dann stelle ich mich am Besten gleich morgens an den Schalter, bevor die anderen aufwachen, die noch an die Sicherung glauben. Insofern bringt der Fond schon was, er verzögert das Einstürzen des Kartenhauses. Doch genug Schwarzgesehen, noch gibts ja den Staat, der die systemrelvanten Banken retten wird.

24. Juli 2010, 11:46 von Andreas Jahn Kommentare

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