Stones: NERV!

Gestern auf einem Nachrichtensender

.. und damit willkommen zurück zu den Märkten am Abend. Während es immer noch kein klares Bild vom Ausmaß der Zerstörungen auf Haiti gibt, lassen sich auch die wirtschaftlichen Folgen noch längst nicht abschätzen. Jürgen F.* an der Wall Street, steht uns das Schlimmste möglicherweise noch bevor?

Ja, Conny*, das ist absolut möglich. In den letzten Jahren sind bei Naturkatastrophen die Schadenssummen kontinuierlich gestiegen und auch bei Erdbeben dieser Größenordnung ist mit immensen Folgeschäden zu rechnen. Allerdings, so sagen uns Analysten, ist die Versicherungsquote in Haiti eher gering, so das von vergleichsweise bescheidenen Haftungssummen für die Versicherer und damit auch für die Rückversicherer wie die Münchner Rück ausgegangen werden kann. Die Märkte sehen die zu erwartenden Ausfälle also eher gelassen, der Dow Jones steht aktuell bei …, das zu erwartende Nachbeben an der Börsen ist also bislang ausgeblieben. Und damit zurück ins Studio, Conny*?

Danke für diese Einschätzungen aus New York, wir machen weiter mit Firma XY, die Zahlen des abgelaufenden Quartals haben bei den Händlern ja schon einige Hoffnungen geweckt.. blabla

*Namen wurden nicht aus Datenschutzgründen geändert, sondern weil ich sie vergessen habe.

15. Januar 2010, 12:33 von Andreas Jahn Kommentare [2]

Warum denn nur?

Ständig verbreite ich hier schlechte Stimmung. Das will ich gar nicht. Nein, wirklich! Eigentlich halte ich mich (gerade in letzter Zeit) für optimistisch voranblickend. Aber ich kann gar nicht anders, als mich permanent über die Entscheidungsträger, und das auf globaler Ebene, aufzuregen.
Beispiel Klima-Konferenz. Dass das mit den 2°C und der maximalen Freisetzung von 750 Gigatonnen (Gt) eine gute Sache wäre, hat ja wohl mittlerweile auch der Letzte mitbekommen. Und dann bekommen die nicht mal einen Sub-Minimal-Konsens hin, sondern machen unterirdisch schlechte Vorschläge, die nicht nur Tonga-Bewohner ablehnen müssten. Der Verhandlungsvorschlag der Chinesen war beispielsweise, ihren CO² -Ausstoß um 40-50% pro Wachstumsprozent ihrer Wirtschaft zu senken. Das ist doch völliger Humbug! Wenn ich den heutigen Ausstoß von rund 7 Gt pro Jahr nehme und den mit 4% wachsen lasse (weil 8% Wirtschaftswachstum), dann sind die in 30 Jahren auch bei über 20 Gt/Jahr. Aufsummiert über die Zeit sind das über 400 Gt! Das heißt, dass bis 2040 allein die Chinesen die Hälfte der kritischen Menge in die Luft gepustet haben werden. Eine einfache Excel-Übung, dauert keine Minute. Und damit trauen die sich auf den Gipfel. Aber natürlich waren EU und USA auch nicht besser.

Oder vorhin. Im Presseclub erzählte die Frau vom Tagesspiegel, dass uns die EU (oder doch die OECD?..) mittlerweile vorrechnet, dass wir bei derzeitiger Haushaltsplanung im Jahr 2020, also in nur noch 10 Jahren, einen Schuldenstand haben werden, der 100% des BIP entspricht. Heute sind es noch 75%. Der Maastricht-Vertrag sieht 60% als Obergrenze vor, um die Geldwertstabilität nicht zu gefährden. Und die FDP macht und plant Steuersenkungen, die CSU setzt ihre Hotel-MwSt-Senkung durch und der Finanzminister rechtfertigt sein 100 Mrd- Defizit mit den zu erwartenden Steuereffekten durch das Wachstums-Beschleunigungs-Gesetz. Hallo? Niemand, nieeee-mand glaubt, dass das funktionieren kann.

Und noch ein schöner Gedanke aus dem Presseclub: warum stagnieren bzw. sinken im nächsten Haushalt die Ausgaben für Zinszahlungen? Weil die EZB seit geraumer Zeit die Leitzinsen bei 0% bzw. fast 0% hält. Wenn die auch nur ein bisschen wieder steigen (z.B. weil der € abschmiert), dann wachsen auch unsere Haushaltslöcher, dann allerdings nicht nur ein bisschen. Und wo wird dann gespart? Bei den Rentnern? Nö, Rentengarantie. Sozialausgaben? Wohl eher umgekehrt, der Harz IV-Satz ist gerade vorm Verfassungsgericht. Wehretat? Ähäm, Afghanistan.. Oder beim Straßenbau? Dann würde die Investitionsquote gefährlich sinken, das gäbe doch gleich wieder einen Verfassungsbruch. Fazit: Neuverschuldung.
Früher dachte ich immer, dass dieses Land ganz abstrakt ’irgendwann’ mal pleite gehen würde, auch wegen der Überalterung und Ähnlichem. Heute denke ich, dass das ganz flott passieren kann, z.B. wenn der nächste Rohstoff-Preis-Schock kommt. Mittlerweile mache ich mir ernsthafte Gedanken, wie ich mir rechtzeitig Geld (oder besser Besitz) auf die Seite schaffen kann, ohne dass die klamme öffentliche Hand allzu großen Zugriff darauf hätte.

So, und nun mal ehrlich; Menschen, die so einen Blick auf die Welt haben, werden als Pessimisten bezeichnet oder ihnen ein depressives Grundmuster unterstellt. Eigentlich sollte ich mir doch wegen so was überhaupt keine Gedanken machen und die Welt sich einfach weiterdrehen lassen. Die wird schon wissen, was sie tut. Das ist es, ich ignoriere ab jetzt alles und schaue nur noch Privatsender. Wiki und News-Seiten werden geblockt. Und wenn mir einer was von nachhaltiger Wirtschaftsplanung erzählen will, dann verweise ich auf mein Bio-Essen im Kühlschrank und wechsle das Thema in Richtung Blumen.

20. Dezember 2009, 16:56 von Andreas Jahn Kommentare [2]

Die (zahlbare) Rente ist sicher!

Das Thema Rente ist von mir in letzter Zeit schon häufiger aufgegriffen worden und sicher kann’s der Eine oder Andere schon nicht mehr hören, daher möchte ich es vorerst mit einer breiteren Darstellung von der Seele schreiben, auf dass ich mich wieder neuen Themen zuwenden kann.

Vorhin hatte ich meine monatliche Lohnabrechnung in der Hand und neben verschiedenen Abzügen, zu denen ich mich wohl zu gegebener Zeit äußern werde, fielen mir zwei Posten auf: die Lohnsteuer und die Rentenversicherung. Beide Abzüge waren in etwa gleich hoch. Der erste geht an den Staat zum Autobahn-Bauen und Taliban-Jagen (und natürlich vielen anderen Dingen..), der zweite geht an die Rentenversicherung, damit meine Omas mir Weihnachtsgeschenke kaufen kann. Das finde ich soweit alles in Ordnung, zumal ich dadurch sicher leben darf und mir selbst spätere Rentenleistungen verdiene.

Doch schauen wir uns den Bundeshaushalt einmal im Detail an (Flashgrafik), hier sehen wir rund 124 Mrd.€ für Arbeit und Soziales. Nicht schlecht, das ist fast die Hälfte. Was hier jedoch nicht steht, sondern hier (Tabelle in der Mitte), sind die davon abgehenden 78 Mrd.€ Bundeszuschüsse, die die fehlenden Beträge in der Rentenkasse kompensieren. Das sind 63%! Eigentlich sollte das Ministerium in Ministerium für Rentenbezuschussung und Sonstiges umbenant werden.

Aber was bedeutet das nun? Wir leiten ein Viertel unseres gesamten Steueraufkommens in die Rentenkassen um, ohne für uns Einzahler einen Rentenanspruch zu erwerben. Nun will ich nicht mit der zu Recht kritisierten Anspruchsmentalität kommen, aber worauf beruht dann die Höhe der Auszahlungen (>Gesetzliche Rentenversicherung (Deutschland)) an die heutigen Rentner? Beim aktuellen Verhältnis von unseren Einzahlungen zu unseren Ansprüchen (5:4 bis 4:3) würden wir vielleicht 800 € kriegen, aber für 1000 € eingezahlt haben. Bei den heutigen Rentnern ist es genau umgekehrt, sie bekommen 1000 € obwohl nur für 700 € Geld in der Kasse ist. Und nochmal, bezahlt wird das dadurch, dass wir ein Viertel unseres Haushalts dahin umleiten.

Unterm Strich heißt das also Neuverschuldung, weil man die ü60-Wähler nicht vergraulen will, und an dem Punkt werde ich sauer. Der Staat überschuldet sich selbst da dessen Repräsentanten weitere 4 Jahre für sich rausschinden wollen. Als Nebeneffekt wird der Steuerzahler gleichzeitig in seiner Fähigkeit beschnitten, für sein eigenes Alter Sorge zu tragen.
Eigentlich müssten doch hier wenigstens die Gelben sofort aufschreien, die uns zwar keinen ausgeglichenen Haushalt, dafür aber mehr Netto vom Brutto versprochen haben. Mit einer Beschränkung der Renten auf rein Beitrags-gedeckte Auszahlungen ließen sich doch Steuersenkungen und Mehrausgaben für alles andere hervorragend verbinden. Aber denen muss das irgendwie entgangen sein.

Zum Schluß muss ich noch einmal deutlich machen, dass ich keinem Rentner etwas wegnehmen möchte! Ich möchte ihnen aber auch nur das geben, was da ist. Was nicht da ist, kann man nicht verschenken. Oder zumindest darf man es nicht. Mein Vorschlag wäre, eine Mindestrente zu definieren (vielleicht 800 €), die sichtbar über dem Harz IV-Niveau liegt, und was am Ende noch im Topf ist kann man dann nach Beitrags-Leistung gebundenen Anspruchspunkten verteilen. Natürlich käme dann weniger raus. Natürlich wären die Rentner wütend. Aber wir würden mit der Klientelpolitik auf dem Rücken aller Bürger aufhören.

Und falls Ihr jetzt aufgrund des zurückgehenden Rentner-Konsums einen Nachfrage und Wirtschaftseinbruch befürchtet, dann kann ich Euch beruhigen, das Gegenteil würde eintreten. Das Geld wäre ja nicht aus der Welt, damit könnte man Infrastruktur, Bildungswesen, Kinderbetreuung und selbst die Utensilien der Talibanjäger auf Vordermann bringen. Und wer weiss, vielleicht könnte man sogar ein bisschen die Schulden abbauen, so dass man im nächsten Jahr weniger für Zinsen und Tilgungen berappen müsste. Aber wer sollte sowas durchsetzen..

16. Dezember 2009, 17:08 von Andreas Jahn Kommentare [2]

Die Welt, in der wir leben

Morgen beginnt der große Klimagipfel und die wichtigsten Politiker der Welt werden darüber beraten, wie selbige zu retten ist und wer das bezahlen soll.

Dazu mal Folgendes: Desertec soll uns in 40 Jahren 15% des europäischen Stroms liefern und 400 Mrd.€ kosten. Das ist in etwa die Summe, die wir Europäer (Seite 11) durchschnittlich bis 2030 pro Jahr für Öl und Gas ausgeben werden. Pro Jahr! Die OPEC-Staaten werden hingegen jährlich rund 1 Bill.$ einnehmen (Seite 17). Gleichzeitig ist die Technik für diese Wüstenstrom-Sache schon länger vorhanden, aber blöderweise rentiert sie sich noch nicht so kräftig, als dass sie selbst aus sich heraus einen Systemwechsel refinanzieren könnte. Mit den anderen Energieträgern kann man derzeit noch besser verdienen.
Punkt.
Und jetzt schließen wir mal die Augen (lesen aber trotzdem weiter) und stellen uns eine Welt vor, in der Geld keine Rolle spielt. Wir sähen eine Welt, in der die Wirtschaftsleistung in Wertschöpfung und rein stofflichem Produktivpotential locker ausreichen würde, um die Energieversorgung in 10 Jahren komplett auf Elektrizität umzustellen. Der Klimawandel ist beherrschbar. Das 450 ppm-Szenario ist absolut machbar. Genau wie die Idee, dass niemand mehr hungern müsste. Oder dass jeder sauberes Trinkwasser hätte. Oder Schulbildung. Es findet sich nur niemand, der bereit wäre, dafür zu zahlen. Wir sitzen in einem sinkenden Boot, starren auf das Leck und machen nichts, weil wir Angst haben, dass jemand uns unseren warmgesessenen Sitzplatz wegschnappt. Ja, wenn die anderen mitmachen würden, dann könnten wir auch.. Und wir nennen uns ‘die Krone der Schöpfung’.

6. Dezember 2009, 22:39 von Andreas Jahn Kommentare

Völlig blockiert

Immer wenn ich hier was Schreiben möchte, muß ich seit ein paar Wochen sofort an die gelben Juniorpartner in der Regierung denken und schon fällt mir überhaupt nichts anderes mehr ein. Das nervt. Blöderweise nicht ohne Grund. Als ich gestern bei Anne Will einen von denen über die Zukunft der Sozialsysteme schwadronieren hörte “wir sind ja nicht mehr im 19.Jahrhundert, wir müssen uns an neue Gegebenheiten anpassen”, da gingen mir zwei Sachen durch den Kopf:

1. Das ist mal wieder völliger Humbug, das Rentensystem begann mit einem Ansparmodell, wo man seine eigenen Beiträge zurück bekam. Das ging logischerweise mit der Inflation zugrunde und daher wurde unser heutiges Umlagefinanziertes Modell eingerichtet. Sprich: wir zahlen für die heutigen Rentner, die zukünftigen Löhner zahlen dann für uns. Schwarz-Gelb will in allen Bereichen die Eigenverantwortung stärken und formt das System wieder dahin zurück, wie es zu Bismarcks Zeiten war. Im Grunde wird die Floskel von den angeblichen ‘Zuständen wie im 19.Jh.’ benutzt, um uns genau dahin zu führen. Als rhetorischer Kniff hätte es einen gewissen ironischen Witz, würden wir als Für-den-Lebensabend-Sparer nicht das Inflationsrisiko tragen, während die Regierungen, und zwar nicht nur die aktuelle, die Staatsverschuldung hochjagen.

2. Das gestern vorgetragene Menschenbild der FDP ist das vom verantwortungsbewußten, sich selbst organisierenden Menschen. Klingt toll. Das sind die selben Menschen, die sie gewählt haben. Wenn nun die FDP Kopfpauschalen und eine individualisierte Altersverorgung will, dann beweist doch der Wähler, dass es diesen verantwortungsvoll zukunftsplanenden Menschen gar nicht gibt. Oder dass die FDP nur für die Minderheit von Profiteuren einer Systemänderung gute Politik macht. Dann hätten sie aber in einer Volksvertretung nichts zu suchen. Und wenn es eine den Namen verdienende Linke gäbe, wären sie da nie gelandet.

2. November 2009, 10:47 von Andreas Jahn Kommentare

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