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Wendetagebuch: 25.10.1989 (Di)

Heute hatten wir wieder Unterricht. Um 15.00 Uhr waren wir beim Mach-mit-Wettbewerb. Dort kämpften die Mannschaften von Haus 8, 9 und unserem Haus um die meisten Punkte.
Danach hatten wir wieder um 17.00 Uhr Massensingen mit Siggi Mack. Wir lernten so wieder schöne Lieder kennen.

Anmerkungen:

- Ach ja, der Mach-mit-Wettbewerb. Das war ein wenig wie Mach mit, Machs nach, machs besser. Nur etwas sportbetonter.

- Siggi Mack! Das war sein Name. Über die Schönheit von Liedern läßt sich allerdings streiten?

- Kleiner Nachtrag zum letzten Mal: Hier ein Beispiel zu Comics (aus der Soldatenpost), die das Image der Verteidigungs-Organe verbessern sollten.

17. November 2009, 21:58 von Andreas Jahn Kommentare [8]

Euphemismus des Tages 51

“Dead peasants insurance”

Eine Versicherung für tote Bauern? In Michael Moore’s neuem Film bekommt man es erklärt: Firmen versichern ihre Angestellten, um im Todesfall noch einen Extra-Bonus einzufahren. Die Angehörigen bekommen natürlich nichts davon.

Und gleich noch einer:

“Vergiftete Papiere.”

Hm. Das hatten wir doch schon. Aber die tiefere Symbolik ist mir erst jetzt durch den Kopf gegangen. Denn was ist das für ein Gift, dass die Derivate so unappetitlich macht? Es sind die faulen Kredite, es sind die verrottenden Kadaver der zusammengebrochenen Kreditnehmer, die sich erst insolvent erklären müssen, bevor die Bank den Kredit abschreibt und damit den Wert des Papiers mindert. Jede Milliarde Kreditausfall der Bank steht für eine Anzahl zahlungsunfähiger Menschen, die heute irgendwo im Auto oder auf dem Zeltplatz wohnt. Im Großen betrachtet ist das tatsächlich brechreizend.

17. November 2009, 17:15 von Andreas Jahn Kommentare

Wendetagebuch: 24.10.1989 (Mo)

Heute hatten wir zwar wieder Schule, aber die ersten vier Stunden frei. Da machten wir eine Trommelauswertung. Danach räumten wir unsere Zimmer auf. Als wir dann zur Küchenhilfe eingeteilt wurden, mussten wir Zwiebeln schälen, wobei uns die Tränen kamen. Nach dem Unterricht hatten wir wieder Hausaufgabezeit. Am Nachmittag hatten wir eine Länderrunde. Dabei konnte man zu vier Ländern gehen, von denen dann eine Menge Wissenswertes erzählt wurde. Am Abend hatten wir dann eine Solidisko, wobei Plakate versteigert wurden. Das Geld, dass dabei eingenommen wurde, wurde an die Solidarität gespendet.

Anmerkungen:

- Trommelauswertung: die Trommel) war eine Zeitschrift, in der Pioniere erklärt bekamen, wie gute Pioniere zu sein haben und wie man die Welt zu sehen hat. Da gab es neben Berichten zu welt- und lokalpolitischen Vorgängen auch viele Comics , in denen wahlweise tapfere Rotarmisten gegen finstere Faschisten, tapfere Vietnamesen gegen finstere Kolonial-Imperialisten oder tapfere Arbeitsbrigaden für eine leuchtende Zukunft kämpfen, z.B. indem sie Gaspipelines in Sibirien bauten. Zwischendurch noch ein Armeebericht, wo die NVA-Marine ihre Wachsamkeit in den Hoheitsgewässern der DDR gegenüber finsteren NATO-Provokateuren zeigen konnte oder ihre sonstigen Aktivitäten zur Erhaltung des Friedens..
Im Detail ist das heute natürlich nur noch gruselig. Damals war das eingebettet zwischen Spiel-, Spaß- und Rätselseiten, Pionierliedern oder Heldengeschichten von Widerstandskämpfern. Und immer wieder ‘unser Einsatz für den Frieden’.
Das ganze lag dann in der Schule aus und der Erwerb des Heftchens war wenn auch nicht verpflichtend, so doch sehr gern gesehen..

- Küchenhilfe: mal wieder. Hatte das einen pädagogischen Wert? Oder fehlten denen einfach die Küchenfrauen. Andererseits gab’s im Osten ja angeblich auf jeden Arbeitsplatz vier Angestellte..

- Länderrunde: leider kann ich mich an die nicht mehr erinnern. Schade.

- Solidisko: Wie auch bei den Solidaritäts-Kuchenbasaren sollte bei dieser Disko (wir erinnern uns: junge Leute lieben Diskos) etwas verkauft werden damit die ~~Sandinisten~~ Kinder in Nicaragua ihre ~~Waffen~~ Schulbücher bekommen konnten. Wie das Geld da ankam, weiß ich nicht, der Vollständigkeit wegen möchte ich noch anmerken, dass sich der ehemalige Klassenfeind da auch wirklich nicht mit Ruhm bekleckert hat, wie es die nachfolgende Verurteilung vor dem internationalen Gerichtshof plus UN-Resolution anzeigt..

12. November 2009, 12:48 von Andreas Jahn Kommentare

Solstitiallinie, wir kommen!!

Beim Duschen fiel mir heute morgen ein, dass in nur noch sechs Wochen schon wieder Wintersonnenwende ist, von da an die Tage also wieder länger werden. Im Sommer sehe ich dem Wendepunkt ja gern etwas wehmütig entgegen, also warum sollte man sich nicht im Winter darauf freuen? Der Winter hat noch nicht mal richtig begonnen und wir bewegen uns schon wieder auf seinen astronomischen Anfang vom Ende zu. Toll!

12. November 2009, 12:46 von Andreas Jahn Kommentare

Wir sind Weltspitze!

Statistik ist ja gern etwas sperrig, aber wenn Deutschland Spitzenplätze in internationalen Rankings einfährt, dann dürfen die nicht unbeachtet bleiben! In einem Bericht der Bertelsmann-Stiftung wurden die Lohnentwicklungen und Spreizungen zwischen den OECD-Ländern verglichen und heraus kam, dass in keinem anderen Land der Untersuchung in den 10 Jahren von 1997-2007 der Abstand zwischen dem untersten (D1) und dem mittleren (D5) Einkommens- Zehntel (Dezil) so stark gewachsen ist, wie bei uns. Gleichzeitig war Deutschland das einzige Land, in dem der Abstand zwischen dem mittleren (D5) und dem obersten (D9) Zehntel gesunken ist. Hier noch mal zum selber nachschauen:

A. erzählte letztens, wie ihr bei einem Geburtstagsbrunch ein Jungliberaler erklärte, warum es wichtig wäre die FDP zu wählen: weil sich immer alle um die Armen kümmern und niemand um die Leistungsträger sorgen würde.
Das wird sich ja nun ändern..

11. November 2009, 12:32 von Andreas Jahn Kommentare [845]

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Wendetagebuch: 24.10.1989 (Mo)

Solstitiallinie, wir kommen!!

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